Liebe Gemeinde,
der lapidare Satz: „Mach dir keine Sorgen!“ ist schnell dahin gesagt. Wenn das Kind auf Klassenfahrt ist, weit weg und kurz anruft: Mach dir keine Sorgen! Oder wenn ich jemandem Mut zusprechen will: „Mach dir keine Sorgen! Das wird schon werden!“ Und obwohl der Satz schnell dahin gesagt ist, beherzigen wir ihn selbst viel zu selten. Sorglosigkeit ist ein Traum für viele Menschen. Manch einer stellt sich dabei vielleicht vor, im Lotto zu gewinnen. Endlich soviel Geld haben, dass ich mir keine Sorgen mehr machen muss. Ist das tatsächlich so? Kann uns das Geld vor Unglück schützen? Haben nicht vielmehr die meisten Lottomillionäre ihr Geld innerhalb weniger Monate durchgebracht und standen zuletzt mit weniger da als vorher. Mach dir keine Sorgen! Sorglosigkeit scheint unerreicht, denn es gibt wohl viele Gründe sich Sorgen zu machen. Jesus dagegen ruft zur Sorglosigkeit auf! Im Evangelium eben haben wir es gehört. Sehet die Vögel unter dem Himmel. Sie tun nichts weiter als umherfliegen, doch Gott ernährt sie. Seht die schönen Blumen auf dem Feld. Ihr Leben ist nur ein Hauch, von kurzer Dauer, und doch sind sie schöner, als alles, was der Mensch sich ausdenken kann, weil Gott sie schön gemacht hat. Wenn Gott schon die Vögel und Blumen versorgt, wie sehr dann seine geliebten Ebenbilder, die Menschen? Sorglosigkeit wird möglich, wenn man vertrauen kann. Wenn wir lernen, dem zu vertrauen, der uns geschaffen hat und erhält. Auch Gott sagt uns zu: „Mach dir keine Sorgen!“. Wem sollten wir dieses Wort sonst abnehmen, wenn nicht ihm, dem Ewigen und König aller Könige. „Alle Sorge werft auf Gott, denn er wird für euch sorgen!“ Das ist unser Wort der Woche und es entstammt dem Predigttext für heute. Wir lesen im 1. Petrusbrief, Kapitel 5:
„Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch. Seid nüchtern und wacht, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher, wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass eben dieselben Leiden über eure Brüder (und Schwestern) in der Welt gehen. Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“
Liebe Gemeinde, wir merken, da steht noch mehr drin, als nur die Aufforderung, sich nicht zu sorgen und zu ängstigen. Wie kann das funktionieren, sich nicht sorgen und ängstigen? Ist es ein psychologischer Trick, eine Art Verdrängung dessen, was uns bedrückt? Ich denke, im ersten Petrusbrief wird deutlich, dass es um eine innere Haltung zur Welt geht. Der christliche Glaube ist keine Lebensweisheit, sondern eine Lebenspraxis. Und da hören wir als Schlagwort die Demut. Die Demut ist die Tugend, die anzustreben ist. „Aber den Demütigen gibt Gott Gnade.“ Nun tun wir uns gerade mit diesem Wort sehr schwer. Es hat immer den Beigeschmack der Demütigung. Demut klingt nach Knechtschaft. Deutlicher jedoch, was mit Demut gemeint ist, wird es, wenn wir das Gegenüber dazu sehen – den Hochmut. Bei Hochmut und Demut geht es letztlich um die Frage, wer ist der Herr im Ring der Welt und des Lebens – Gott oder wir selbst? Der Hochmut ist konzentriert auf sich selbst, er lässt kaum Platz für andere neben sich. Der Hochmütige meint, Herr seines Lebens zu sein. Demut dagegen sieht die Dinge klarer – Gott bleibt Gott und der Mensch ist Mensch, nicht mehr aber eben auch nicht weniger. Die Demut ist in der Lage, auch den Anderen neben sich in seinem Anderssein zu akzeptieren. Wir würden heute statt von Demut eher von sozialer Kompetenz reden, also der Fähigkeit, mit anderen Menschen friedlich zusammen zu leben. Doch geht der Petrusbrief noch weiter: Demütigt euch unter die gewaltige Hand Gottes! Mit anderen Worten: Erkennt, wer euer Herr ist! Das ist nicht einfach nur Unterwerfung unter die Macht eines kalten und unberechenbaren Schicksals. Es ist das Vertrauen darauf, dass dieser unser Gott die Welt und unser Leben liebevoll in seiner Hand hält. Das heißt aber nicht, dass immer nur alles nach Plan läuft oder so, wie wir uns das Leben vorstellen, mit dem Lottogewinn und der Illusion von Sorglosigkeit. Die gewaltige Hand Gottes ist letztlich nicht berechenbar und doch dürfen wir vertrauen, dass Gott uns in Liebe zugewandt ist, auch wenn manches Leiden und manches Schicksalhafte unsere Wege begleitet. Demut also ist die Haltung, die Gott wirklich Gott sein lässt, und sich selbst als Mensch in dieser Liebe, unter dieser gewaltigen Hand Gottes gehalten und bestimmt weiß. In dieser Demut wird verständlich, wie es mit unseren Sorgen und Ängsten bestellt ist und warum wir sie auf Gott werfen können. Er sorgt für uns, selbst da, wo wir an unsere Grenzen stoßen. Unser Leben ist jetzt schon sinnvoll, denn Gott hat es so gewollt und führt es zum Ziel. Solches Gottvertrauen kann uns helfen bei unseren Sorgen und Nöten, von denen es reichlich geben mag. Doch hat solches Gottvertrauen auch viele unsichtbare Widersacher. „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“ Die Kräfte, die sich der Demut und dem Gottvertrauen entgegenstellen, würden wir wohl heute nicht mehr als Teufel bezeichnen und doch sind sie genau das, Widersacher gegen ein Leben mit Gott. Nehmen wir allein die Medien, die es trefflich verstehen, Ängste und Sorgen erst zu wecken. Wissenschaftssendungen oder Spielfilme im Fernsehen über Naturkatastrophen, wachsende Kriminalität. Andere Kräfte, die uns weismachen, es läge nur an uns, wie erfolgreich wir sind in Beruf, Freizeit und Partnerschaft. Denken wir an Schule und Wirtschaft, wo es um immer mehr Leistung geht. Oder die unausgesprochenen Maßstäbe an Status, Schönheit und Wohlstand, die so fest in unseren Köpfen verankert sind. Das alles kann Angst und Sorge machen und tut es täglich. Muss es aber nicht, liebe Gemeinde! Widersteht diesen Teufeln! Bleibt fest im Glauben, im Vertrauen auf Gott, der euch auch liebt, wenn ihr nicht wie Heidi Klum ausseht oder so viel Schotter habt wie Bill Gates. Lasst euch von den Sorgen nicht knechten. Was wird denn aus unserem Leben, wenn wir stets und ständig in Angst leben vor Terroranschlägen, vor Verlust, vor Leistungsdruck und so weiter? Ein Leben in Angst und Sorge ist Stillstand, ist beklemmend und verdient den Namen Leben nicht. Freilich werden wir immer Ängste und Sorgen haben, doch dürfen sie nicht vor das Vertrauen treten, dass wir zu Gott haben dürfen. Der befreit uns zum Leben. Der wird uns verherrlichen zu seiner Zeit. Der wird uns schon in diesem Leben aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Er hat Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit, nicht die Werbung, nicht der Konsum, nicht die Meinungsmacher aus Wirtschaft und Politik. Gott hat Macht. Ihm zu vertrauen ist wichtig. Denn es befreit uns von Sorge und Angst und lässt uns als das leben, was wir sind, geliebte Kinder des Ewigen. Zu diesem Vertrauen befähige uns der ewige Gott durch seinen Heiligen Geist. Amen.