Dienstag, 19. Oktober 2010

Kirmespredigt 2010

Liebe Kirmesmädels und –burschen, liebe Festgemeinde,

jedes Jahr freue ich mich auf den Kirmesgottesdienst. Denn es ist der einzige Gottesdienst im Jahr, an dem ich in den Kirchenmauern ein Bier trinken kann. Eine gepflegte Gerstenkaltschale. So trinke ich auf euch und unsere Kirche. Prost, es möge gelingen!

Wir haben die Geschichte vom verlorenen Sohn gehört. Jesus hat seinen Leuten diese Geschichte erzählt, um klar zu stellen: Ihr habt eine Heimat bei Gott. Selbst wenn ihr wegrennt, wenn ihr euch verrennt, dann könnt ihr zurück. Führen wir uns das noch einmal vor Augen. Ein junger Kerl geht seinen eigenen Weg. Er verzockt in kurzer Zeit den Anteil an seinem Erbe. Spielotheken, Kneipen, Parties, Mädels, dicke Schlitten und so weiter. Klar steht der Spaß erstmal im Vordergrund. Wir kennen den Spruch von der Truppe Elsterglanz, wenn Oma Sharif zu Rambo, dem besten Koch der Welt, sagt: Klar, steht für dich der Spaß erstmal im Vordergrund. Doch du musst doch och mal den Jehwech streuen! Es kommt, wie es so oft kommt, auch heute noch: Die Karre geht vor den Baum. Das pralle Leben ist ein kurzer Rausch und der Fall ist tief, ungeahnt tief. Wenn die Kohle alle ist, steht das Jammertal vor der Tür. In der Volxbibel wird der tiefe Fall des verlorenen Sohns auf unsere Zeit bezogen. Statt im Schweinestall im Mist, sitzt unser Held bei McDonalds und schrubbt das Klo. Hunger hat er und würde gern die restlichen Pommes aus dem Eimer holen, doch auch das geht nicht. Der Chef hat ein Auge drauf. Wie viel besser dann die Variante zur Familie zurück zu gehen. Wie wird wohl der Vater reagieren? Wie reagieren denn eure Eltern, wenn ihr mal daneben haut? Der junge Kerl jedenfalls legt sich seine Worte zurecht. Viel zu erwarten hat er eigentlich nicht. Und doch kommt es anders. Der Vater rennt seinem Sohn entgegen mit Tränen der Freude und Rührung in den Augen. Du warst tot und jetzt bist du wieder da! Wir feiern ein Fest, eine Big Party!

Was hat das mit der Kirmes, der Kirchweih zu tun, liebe Gemeinde? Zwei Dinge: 1. Es geht um unsere Heimat bei Gott. Sichtbar in der Kirche, die unsere Vorväter bauten, sichtbar in der Gemeinschaft der Heiligen hier in Hörselgau. 2. Es geht um die rechte Art des Feierns.

Zum ersten: Der Vater in der Geschichte ist Gott, der uns liebt, der sich nach uns sehnt. Wir stammen alle aus seinem Haus. Er hat uns gemacht. Viele Menschen heutzutage glauben, die Herren über das eigene Leben zu sein. Nach dem Motto: Ich weiß ganz genau, was für mich gut und richtig ist, anstatt sich zu fragen, was Gott davon hält, was eigentlich der Sinn meines Hierseins ist. Wir sehen es allerorten, solche menschliche Selbstüberschätzung ist zerstörerisch. Es geht auf Kosten anderer, es geht auf Kosten der Natur und letztlich zerstören wir uns selbst damit. Die ewige Gier nach Geld und Macht, nach Party und Rausch, endet in Finanzkrise, in Isolation und Gleichgültigkeit. Als unsere Vorväter diese Kirche bauten mit ihrem Herzblut, ihrem Schweiß, da wollten sie ein Denkmal setzen, ein Zeichen, dass es da Orientierung gibt für das Leben. Die Kirche ist ein Zeichen für Gottes Gegenwart. Sie erinnert uns an den Anfang, der für uns alle gesetzt ist, in Gott. Damals lebte man noch ganz klar im Bewusstsein, dass nichts im Leben selbstverständlich ist. Das wir Gott einen Platz in unserer Mitte geben müssen, weil er die eigentliche Lebensgrundlage ist. Damals konnte man noch nicht schnell in den REWE fahren mit der EC-Karte bewaffnet und sich die Chips und Cola ziehen. Damals musste man mit eigener Kraft der Erde abringen, was zum Überleben notwendig war. Niemand will diese Vorzeiten zurück, doch macht es deutlich, was wir immer wieder vergessen – wir stammen aus Gott, aus seiner Hand ist alles, was ist. Wenn wir das vergessen vergessen wir woher wir sind und wozu wir leben. Die Geschichte vom verlorenen Sohn lädt ein, zurück zu kehren zu diesem Anfang. Und diese Rückkehr oder Umkehr ist immer möglich, auch wenn wir glauben, wir habe uns schon so weit entfernt, dass mit Gnade nicht mehr zu rechnen ist. Gottes Tür steht offen, wir müssen uns nur auf den Weg machen.

Und so kommen wir zum zweiten: Die große Party. Feiern ist wichtig. Den Alltag mal hinter sich lassen ist wichtig. So wie an diesem Wochenende zur Kirmes. Nicht umsonst hat Gott den Menschen dringend ans Herz gelegt: Nimm dir einen Tag in der Woche frei, komm mal raus, fahr mal runter! Nimm dir Zeit für dich und für mich, deinen Schöpfer. Nimm dir Zeit für das, was wirklich wichtig ist. Liebe Gemeinde, Feier und Spiel, Musik und Tanz unterscheiden uns ganz elementar von den Tieren. Eine Kuh auf der Weide kennt keinen Sonntag. Soweit ich weiß, feiern Kühe auch keine Parties, höchstens in Trickfilmen. In Gottes Nähe zu sein, heißt sich freuen am Leben, es dankbar aus seiner Hand nehmen. Gottes Kind zu sein, heißt: Es gibt noch mehr in diesem Leben als Arbeit und Schlafen, Essen und Trinken. Denn die Ewigkeit, das, was über die Welt weit hinaus geht, ist in unser aller Herz gepflanzt. Feiern soll etwas besonderes sein und bleiben. Wäre jeder Tag eine Party, so verlockend das für manche klingen mag, so ist es nichts mehr besonderes. Denn wir sind zugleich auch in den Alltag gerufen. Wir sollen Verantwortung übernehmen, unser Feld bestellen, unser Leben in die Hand nehmen im Vertrauen auf Gott. Wenn ich mir sechs Bier auf einmal bestelle, dann wird selbst bei großem Durst das letzte spätestens schal sein. Der Kontrast zwischen rechtem und falschem Feiern ist deutlich in unserer Geschichte zu spüren. Es geht um das rechte Maß.

Macht diese Kirmes zu etwas Besonderem. Mit anderen Worten, erhebt euch aus eurem Alltag und feiert. Aber sauft dabei nicht so sinnlos, dass ihr am Ende genauso blöd seid wie die Kühe. Denn rechtes Feiern führt uns zum Ewigen, sinnloses Feiern lässt uns abstürzen. Und denkt immer daran, dass ihr eine Heimat bei Gott habt. Wenn es euch mal dreckig geht, oder ihr nicht wisst wohin. Seine Tür steht immer offen, auch wenn wir oft andere Wege gehen als zu ihm, auch wenn wir uns von ihm entfernen. Nichts anderes heißt Sünde – Entfernung von Gott, Entfernung von der Lebensgrundlage. Dass wir zu Gott gehören, dass er seine Tür offen hält, das ist Grund zur Freude an diesem Tag, Grund zum Feiern. Das es gelingt, walte der ewige Gott, der Vater, der Sohn und Heilige Geist. Amen und Prost!